An einer Wäscheleine im Freien ist frische Wäsche unter blauem Himmel aufgehängt.

Wie waschen blinde und sehbehinderte Menschen ihre Wäsche?

Jan 07, 23

Für viele blinde und sehbehinderte Menschen ist die Wäschepflege ein wichtiges Element der selbstständigen Lebensführung und eine große Herausforderung. Grundlage für die selbstständige Wäschepflege ist ein Ordnungssystem, das den Kreislauf von Textilien zwischen dem Tragen dem Waschen organsiert. Solche Ordnungssysteme helfen Nutzer*innen dabei:

  • Kleidung zuverlässig zu finden, zu unterscheiden und zu sortieren
  • Informationen zu den Eigenschaften von verschiedenen Kleidungsstücken bereitzustellen
  • Arbeitsschritte selbstständig durchzuführen
  • Das Ordnungssystem dauerhaft beizubehalten

Dieser Artikel stellt Ordnungssysteme und nützliche Hilfsmittel vor, die Menschen mit Seheinschränkungen die Wäschepflege erleichtern. Außerdem haben wir Euch eine Liste mit Links zusammengestellt, wo Ihr die genannten Hilfsmittel und Geräte beziehen könnt.

Vor dem Waschen

Die Sortierung nach Textilart, Farben und Waschtemperatur stellt für blinde und seheingeschränkte Menschen eine Schwierigkeit dar, wenn die Eigenschaften von Kleidungsstücken nicht erkennbar sind. Auch Pflegehinweise auf Etiketten sind für sehbehinderte Menschen nicht nutzbar.

Wäschesortierbehälter mit verschiedenen Fächern helfen, Textilien zu sortieren. Ein Farberkennungsgerät leistet gute Hilfe bei der Sortierung einfarbiger Wäsche. Es wird an das Kleidungsstück gehalten und sagt die Farbe an. Da die Geräte bei gemusterter Kleidung nicht zuverlässig funktionieren, kann es sinnvoll sein, der Wäsche ein Farbfangtuch beizugeben.

Zur Aufzeichnung von Pflegehinweisen und Farben gibt es verschiedene Hilfsmittel. Informationen zu einem Kleidungsstück können mit Hilfe von Etikettenlesegeräten, wie dem Pennytalks oder dem Penfriend, als Tonaufnahme gespeichert werden. Dazu werden Etiketten in den Textilien angebracht, die mit einem Lesegerät ausgelesen und einer Sprachaufzeichnung im Lesegerät zugeordnet werden können. Hält man das Lesegerät in die Nähe des Etiketts, so wird die Sprachaufzeichnung abgespielt. Ähnliche Funktionalität bieten Apps wie „Navilens“ oder „Sprachlabel“, die mit QR-Codes oder RFID Tags arbeiten. Alternativ können Informationen auch auf einem Diktiergerät festgehalten werden. Das kann direkt beim Kauf von neuer Kleidung geschehen.

Die Sortierung von Textilien lässt sich vereinfachen, wenn man bereits beim Kauf von Kleidung darauf achtet, dass Kleidungsstücke einer Gruppe mit der gleichen Temperatur waschbar sind. So kann es sinnvoll sein, z.B. nur T-Shirts zu kaufen, die bei 40° waschbar sind. Für Textilien, die selten gewaschen werden und besondere Anforderungen haben, können die genannten Hilfsmittel zur Sprachaufzeichnung ergänzend eingesetzt werden.

Bei Socken besteht zusätzlich die Herausforderung sie paarweise zu sortieren. Hier können Sockenklammern oder Socken mit Druckknöpfen nützlich sein um die Paare direkt nach dem Ausziehen zu verbinden. Eine Alternative zur paarweisen Sortierung von Socken ist, ausschließlich Socken in einer Farbe vom gleichen Typ anzuschaffen, sodass alle Socken gleich sind und die Sortierung entfällt.

Viele blinde und sehbehinderte Menschen waschen ihre Kleidung häufiger, weil es ihnen schwer fällt, den Verschmutzungsgrad zu bestimmen. Leider ist kein technisches Hilfsmittel bekannt, um Flecken und starke Verschmutzungen zu erkennen. Hier kann die Hilfe einer sehenden Person Abhilfe schaffen. Steht im direkten Umfeld keine sehende Person zur Verfügung, so kann die App BeMyEyes per Telefon eine Videoverbindung zu einem Helfer herstellen. Um sehende Hilfe zielgerichtet nutzen zu können, z.B. um ein stark verschmutztes Kleidungsstück nach dem Waschen auf Sauberkeit zu kontrollieren, kann es z.B. mit einem Knoten im Hemdärmel markiert werden.

Die Dosierung von Waschmittel und das Einfüllen in die Waschmittelschublade können eine Hürde bei der Wäschepflege sein. Waschblätter oder Kapseln mit Waschmittel sind nützliche Alternativen zu klassischen Waschmitteln, da sie einfacher in der Handhabung sind. Sie werden direkt in die Waschtrommel gegeben und verringern das Risiko von Verschütten oder Überdosierung. Sie sind für Bunt- und Weißwäsche geeignet und es gibt sie in jedem gut sortierten Drogeriemarkt.

Handhabung und Bedienung von Waschmaschine und Trockner

Eine umfangreiche Übersicht zur Auswahl und Umrüstung von Waschmaschinen und Trocknern ist in den Blogs „Auswahl Waschgeräte“ und „Ausrüstung Waschgeräte“ zusammengestellt. Insbesondere Geräte, die mit der Feelware Audio Sprachausgabe ausgestattet sind, zeichnen sich durch sichere und einfache Handhabung aus und können auch von Menschen mit Seheinschränkungen sicher und bequem bedient werden. Die Sprachausgabe unterstützt während der Bedienung mit hörbaren Hinweisen.

Nach dem Waschen

Das Aufhängen, Falten und Einsortieren der Wäsche ist eine erneute Herausforderung. Ist genug Platz vorhanden, so können Kleidungsstücke direkt auf Bügeln zum Trocknen aufgehangen werden. Dies erleichtert den Bügelvorgang oder er entfällt ganz. Auch ein Trockenständer kann eine einfache und bequeme Lösung sein, um Wäsche aufzuhängen. Ein weiterer Tipp ist, die Nähte und Formen der Kleidungsstücke zu erfühlen, um sie auf der Leine auszurichten, damit sie mit Klammern fixiert werden können.

Zum Falten der Kleidung können ein Faltbrett oder Bügelbrett gute Hilfsmittel sein. Die Kleidungsstücke können darauf ausgerichtet und gefaltet werden und sie geben Orientierung, um die Faltstellen der Kleidung zu ertasten. Wäsche blind zu bügeln erfordert einige Übung und Geschick. Um Kleidung vor dem Bügeln auszurichten und glattzustreichen ist Fingerspitzengefühl gefragt. Orientierung geben dabei die Nähte und Kanten der Kleidung. Beim Bügeln ist es besonders wichtig, Verletzungen und Verbrennungen vorzubeugen, indem das Bügeleisen einen sicheren Standplatz hat und das Stromkabel so zu führen, dass man nicht daran hängen bleibt, sodass es nicht zur Stolperfalle wird oder das Bügeleisen versehentlich zu Boden stürzen lässt.

Um Ordnung im Kleiderschrank zu pflegen und alle Kleidungsstücke direkt erreichbar zu haben, können Kleidungsstücke auf Kleiderbügeln hängend aufbewahrt werden. Kleidungsstücke können auch in Kombinationen auf Kleiderbügeln aufbewahrt werden, um abgestimmte Outfits griffbereit zu haben. Alternativ können die oben genannten Hilfsmittel für Tonaufzeichnungen genutzt werden, um Hinweise zu passenden Kombinationen als Information mit einem Kleidungsstück zu verbinden. Ist nicht genug Platz auf der Kleiderstange kann die KonMari Falt-Technik helfen, Ordnung und Zugänglichkeit zu Kleidung herzustellen und beizubehalten. Dabei werden Kleidungsstücke gefaltet und gerollt, sodass sie platzsparend aufbewahrt werden können und direkt erreichbar sind. Alternativ kann die Wäsche schon während des Bügelns und Zusammenlegens sortiert und gestapelt werden. Trennwände zwischen Stapeln verhindern das ungewollte Umkippen der Kleidung.

Insgesamt erfordert die Wäschepflege ein hohes Maß an Geschick, Gedächtnisleistung und einige Übung. Praktische Unterstützung im Rahmen einer Schulung für Lebenspraktische Fähigkeiten durch Rehabilitationslehrer*innen kann eine sinnvolle Ergänzung beim Erlernen der Wäschepflege sein.

 

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Weitere Artikel mit Fachwissen und Informationen findest Du im Feelware Blog - Leben mit Sehbehinderung

 

Referenzliste und Bezugsquellen

Farberkennungsgerät, Diktiergerät: Fa. Vistac GmbH

Pennytalks Etikettenleser, Penfriend Etikettenleser, Sockenklammern: Landeshilfsmittelzentrum Dresden

App NaviLens, App Sprachlabel, App BeMyEyes: Apple Appstore

Socken mit Druckknöpfen: Im Handel unter „Snap Sock“

Kapseln mit Waschmittel, Waschblätter: DM Online Shop

KonMari Falttechnik: Methode

Faltbrett: www.faltbrett.com

Waschmaschine und Trockner mit Sprachausgabe: www.feelware.eu

Rehalehrer: Übersicht Rehalehrer

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